Du und ich, zwei Körner
Jeweils auf einer Nadelspitze
Hängen geblieben beim
Niederprasseln eines Sackes
Getreide, ausgeschüttet
Durch die tattrige Greisin
Schicksal über einen Abgrund
Sind aufgegangen, uns
Aneinander befruchtend
Sind gewachsen, uns
Aneinander sonnend und
Tränkend, hängen nun
Prall und müde des Wachsens
Am Halm, längst reif
Zum Abpflücken
Galsan Tschinag
Dieses Gedicht eines Mannes aus der Westmongolei, des Staatsoberhauptes der turksprachigen Tuwa, berührt mich, bewegt mich: Welches Korn geht in mir auf? Ein Versuch:
Wer wir waren
Wer du, wer ich
Wir wussten es nicht
Nur eine kleine
Nussschale diente uns
Für das Gepäck und
Das unsichtbar Feine
Das uns verband
Und mit dem wir an
Seelentüchern woben
Die sich ineinander
schoben
Im Wind entwirrten
Bis wir Verwirrten
Aufgestörten
Aus der Ferne den Ruf
Der Liebe hörten